Goethes Farbenlehre: Fail oder Erfolg?
Was die Welt von Goethes größtem Werk hält.
01.12.2024 76 min
Zusammenfassung & Show Notes
Im zweiten Teil über Goethes Opus Magnum, seine Farbenlehre, lernen wir die Reaktionen der Welt kennen. Thomas stellt Urteile von Goethes Zeitgenossen bis hin zu noch lebenden Forschern vor (Beispiele von Forscherinnen hat er leider keine), darunter natürlich Schiller, aber auch Christoph Heinrich Pfaff, Gernot Böhme, Arnold Sommerfeld, Max Born oder Werner Heisenberg. Marcus findet Immer noch, dass Goethe mit seiner Physik der Farben und der Polemik gegen Newton ziemlich daneben gelegen hat und so sehen es auch die meisten Rezipienten. Unklarer ist das Urteil über seine Physiologie und die Psychologie der Farben. Hier bekommt Goethe deutlich mehr Zuspruch, aber Marcus fragt sich, ob das vielleicht auch nur an der Thematik liegt, die nicht so hart geprüft werden kann wie die Physik. Thomas weist darauf hin, dass Goethe wenig dem abstrakte Denken vertraut hat und mehr der Anschauung und dem Zuhören auf die Natur.
- Farbenlehre (Goethe) (Wikipedia)
- Goethes Farbenlehre (Goethe Gesellschaft Ilmenau)
- Gernot Böhme
- Albrecht Schöne
- Christoph Heinrich Pfaff
- Ernst von Feuchtersleben
- Jan Evangelista Purkynê
- Emil du Bois-Reymond
- Arnold Sommerfeld
- Max Born
- Andreas Speiser
- Werner Heisenberg
Mit Musik von Moquita, Stephen The Levite, MozART, Travis, East Love, Valedictorian via Audiio.
Technik und Produktion: Marcus Anhäuser
Marcus auf
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Thomas bei der Klassik Stiftung in Weimar.
Marcus bei Riffreporter.
Weitere Podcasts von Marcus Anhäuser:
BücherRausch – der Podcast der Städtischen Bibliotheken Dresden
RiffReporter Podcast - tiefer eintauchen in die Themen
Transkript
Hattest du eigentlich schon gesagt, wie wichtig die Farbenlehre für Goethe ist?
Das habe ich wahrscheinlich schon gesagt, aber man kann es gar nicht oft genug sagen.
Er hat es ja bekanntlich über seine Dichtkunst und seine Dichtungen gestellt, ja.
Er sagt gegen Ende seines Lebens zu Eckermann, auf alles, was ich als Poet geleistet habe, bilde ich mir gar nichts ein. Dass ich aber in meinem Jahrhundert in der schwierigen Wissenschaft der Farbenlehre der Einzige bin, der das Rechte weiß, darauf tue ich mir etwas zugute.
Hallo und willkommen zur elften Folge des Goethe-Podcasts.
den es so auf der Welt nicht noch einmal gibt.
Denn hier erfahrt ihr alles über Johann Wolfgang von Goethe und seine Naturwissenschaft.
Nicht sein literarisches Werk, also vielleicht ein bisschen, aber das ist hier nicht unser Hauptanliegen.
Ihr hört meinen Freund Thomas Schmuck, der ist verantwortlich für die naturwissenschaftliche Sammlung in Weimar am Goethe-Haus.
Und ihr hört mich, Marcus Anhäuser, ich bin Wissenschaftsjournalist und stelle hier die Fragen.
Dies ist der zweite Teil über Goethes Farbenlehre, die er, wie ihr eben gehört habt, als sein aller, aller wichtigstes Werk betrachtet hat.
Was die Welt davon hält, erfahrt ihr heute.
Und es ist nicht ganz so eindeutig, wie ich vermutet hatte.
Jetzt erstmal viel Spaß beim Zuhören und los geht's.
Ah, stopp, eins noch. An einigen wenigen Stellen klingt der Podcast diesmal nicht ganz so gut wie gewohnt.
Da hat uns die Technik ein wenig reingespielt. Ich konnte das weitgehend ausbessern, aber ein bisschen hört man es dann doch.
Also nicht wundern, wenn es kurz mal eigenartig klingt.
Jetzt aber los geht's.
Musik
Also, wir sind jetzt in der zweiten Runde zu Goethes Farbenlehre.
Beim letzten Mal hast du uns erzählt, was sich dahinter versteckt, was sich da verbirgt.
Du hast erzählt, dass irgendwie so ein dreigliedriges Werk, wo er seine Farbenlehre erklärt,
wo er sehr polemisch über Newton herzieht und wo er so einen geschichtlichen Abriss über die Erforschung des Lichts und der Farben schreibt.
zusammenträgt.
Und ich hatte so ein bisschen den Eindruck,
vor allem durch seine Polemik
gegenüber Newton
und weil er zumindest was die Physik
angeht, dass er da
so ein bisschen sich verrannt
hat und niemanden
hatte, der ihm gesagt hat,
hey, mach mal langsam.
Und so über Newton herzuziehen ist vielleicht nicht sinnvoll, ist auch nicht angebracht,
vor allem wenn die eigene Theorie nicht so richtig funktioniert.
Du hast dann aber eingewendet, da ist ein falscher Eindruck entstanden,
weil er hat ja auch zum Beispiel viel mit anderen Leuten darüber gesprochen.
Wir betrachten ja den Zeitraum von etwa 1790, 91, 92 bis 1790.
1810, als das Werk erschienen ist.
Und in der Zeit hat er auch viel mit anderen darüber diskutiert,
sich ausgetauscht oder was auch immer.
Also es ist jetzt nicht so, dass er irgendwie 20 Jahre eigenbrödelisch
seine Theorie da zusammengebaut hat, um dann 1810 damit rauszukommen,
über Newton herzuziehen und sich dann wundert,
dass ihm da auch ein bisschen, oder...
ihm da Gegenwind entgegenschlägt.
Es ist ja auch nicht so, dass es 1810 zu Ende ist.
Er beschäftigt sich danach kontinuierlich weiter mit Licht und Farben,
publiziert dazu Nachträge zur Farbenlehre,
beschäftigt sich eigentlich bis buchstäblich
gegen Ende seines Lebens bis zum letzten Lebenstag, kann man sagen, mit dem Thema.
Und zwar ist der Spruch mehr Licht nicht authentisch, aber in diesem Sinn passt er eigentlich sehr gut zu einem Menschen.
der sich so von der Welt verabschiedet mit diesem Spruch.
Muss man gerade erklären, für die es nicht wissen, mehr Licht, was ist das für ein Spruch?
Du kannst ruhig ein bisschen lauter reden, wir sind ja jetzt…
Ja, wir sind schon online.
Genau, wir sind schon online.
Genau, es gibt viele Mythen, zu Tod Goethes, zu den letzten, großen letzten Worten.
Eine berühmteste Version ist sicher die, mehr Licht, sollen die letzten Worte Goethes gewesen sein.
Es ist wohl nicht authentisch, wahrscheinlich hat er was anderes gesagt.
Wie auch immer, es ist eingegangen in die Rezeption,
und das ist eigentlich das heutige Thema auch, die Rezeption von Goethe.
Und es passt in so gedeutungsvolle Worte,
passen ja zu einem Menschen, der sich jahrzehntelang damit beschäftigt hat,
mit Licht und Farben.
Du meinst bedeutungsvoll in dem Sinne, weil es die letzten Worte waren?
Also man muss sich die Szene vorstellen, Goethe liegt auf dem Sterbebett,
Halt, er sitzt im Stuhl.
Er sitzt im Stuhl?
Ja.
Wie ist Goethe eigentlich gestorben?
In seinem Schlafzimmer ist er gestorben.
Er starb ja im März 1832, nicht ganz 82 Jahre alt.
Er hat sich bei einer Kutschenfahrt wahrscheinlich erkältet.
Es war schon Frühling, es wurden schon die Frühlingszwiebel vorbereitet und der Gartenarbeit für den Frühling geplant.
Und ihn hat eben diese Verkühlung oder Erkältung ereilt und er ging ins Bett.
Er hat selber nicht und andere anfangs auch nicht verstanden, dass er nicht mehr aufstehen wird sozusagen.
Er lag da die letzten Tage im Bett, ist immer wieder weggedämmert, Körper hat das nicht mehr mitgemacht.
Er ist dann kurz vor Mittag gestorben.
Und...
Er lag hier aber aufgestanden sein und sich auf den Stuhl gesetzt.
Er ist immer wieder aufgestanden und hat sich immer wieder in einen Stuhl gesetzt,
der extra dafür an die Seite des Bettes geschafft wurde, vom Arbeitszimmer her.
Und in diesem Stuhl starb er dann.
Er war eigentlich von den ganz wichtigen Personen nur seine Schwiegertochter Ottilie anwesend.
Der Arzt Dr. Vogel war gerade nicht im Zimmer, wenn ich das Richtige jetzt im Kopf habe.
Und hat dann noch etwas auf die Decke gezeichnet, die dann...
auf seinen Knien lag ein Weh oder was auch immer genau.
Okay.
Er hat dann auch, das sind die wahrscheinlichen letzten Worte,
zu Odile gesagt, gib sie mir ihr Pfötchen.
Okay.
Aber natürlich klingt mehr Licht besser.
Wie kam das?
Er hat jemand berichtet, der nicht dabei war,
aber im Umkreis war und so.
Da gibt es auch viele Theorien dazu, wie es dazu gekommen ist.
Also man kann auch gar nicht genau sagen, wer das im Prinzip...
Ich weiß es jetzt nicht.
Ich glaube, das ist etwas, was sich dann zunehmend selbstständig und weiter tradiert hat.
Ist ja auch recht banal gedeutet worden, als die Chalasien, die Fensterläden aufmachen kann.
Und ja, es ist ähnlich wie Beethoven, der stirbt 1827, auch im selben Monat, März, bei dem ja ein Gewitter, der noch die Faust geballt haben soll, den Todesaugenblick und alles mögliche, so wie auch immer, ja, also
Es ranken sich eben solche Geschichten dann um jemanden, der eigentlich der Meinung war, die Natur könne ihn gar nicht sterben lassen. Die Natur, hat Goethe ja gesagt, die Natur ist ihm schuldig, dieses Fortleben der Intellichien.
Er war schon sehr überzeugt von sich, oder?
Zweifellos, ja.
Und sowas kann, also nicht sowas Tolles, aber sowas kann eigentlich nicht untergehen.
Ja, das also nur kurz dazu. Jetzt sind wir ein bisschen abgeschweift gleich am Anfang.
Mehr Licht macht natürlich jetzt vor dem Hintergrund, dass er selbst seine Farbenlehre
als sein größtes Werk betrachtet, bekommt dieser Satz mehr Licht natürlich noch so eine
zusätzliche Ebene.
Genau.
Erklärt vielleicht auch, warum es sich so lange gehalten hat.
Ja, ich glaube, es gibt andere Gründe, warum es sich so lange gehalten hat.
Ja, erstens, weil es ein bedeutendes, großes, das größte, längste Werk von Goethe ist.
Also auch nicht irgendwas und irgendjemand, aber vor allem, weil sie...
Ja, in gewissem Sinn die moderne Physik, die moderne Naturwissenschaften,
wenn man das aus unserer Perspektive sieht, was da heutigen,
und das ist aber sehr schnell auch passiert, schon zu größeres Lebzeiten,
diese Naturwissenschaften herausfordert.
Sie fordert sie heraus und zwingt sie, was zu widerlegen, was zu kritisieren,
sich mit Dingen zu beschäftigen, auch vielleicht auf Fehlstellen der Physik und der Naturwissenschaften,
Es nicht die Goethe, sondern eben die Lutenschen oder eben der Physik überhaupt, nochmal darüber nachzudenken.
Das ist, glaube ich, doch was Faszinierendes.
Weißt du zufällig, ob Newtons Farbentheorie, Farbenlehre bis dahin schon mal irgendwie
massiv angezweifelt wurde oder herausgefordert wurde?
Naja, ich glaube, bei Newton müsste man von Optik sprechen.
Farben interessieren ihn ja im eigentlichen Sinn nicht so,
das ist das eine, sondern interessieren mehr die Gesetze des Lichts,
Brechung, Beugung, was weiß ich.
Das entwickelt er ja ganz großartig und überzeugend.
Die Frage ist, was ist die Natur des Lichts?
Und bekanntlich gibt es bereits im 17. Jahrhundert die Frage, oder es wird diskutiert, ob das Teilchen sind, was Newton gemeint hat, oder ob es Wellen sind, wie das Christian Hörgens postuliert hat, der sich damit ja auch in Opposition zu Newton gestellt hat.
Und obwohl ein großer Physiker war, ein Anerkannter, auch nicht durchgedrungen ist, das war ja erst...
dann Anfang des 19. Jahrhunderts, als man verstanden hat, dass das Licht beides ist.
Das ist ja etwas ganz Interessantes.
Das Licht ist beides, Welle und Teilchen, je nachdem, wie wir es gerade betrachten,
welchen Versuch wir anstellen, welche Erscheinung wir verstehen wollen.
Das ist eigentlich etwas, was man nur schwer verstehen kann, oder?
Findest du nicht? Das ist ja unanschaulich.
Wie kann ein Objekt, ist es ein Objekt überhaupt, wie auch immer man jetzt da reingeht,
Ja, aber die Autorität Newtons hat das eben ein bisschen nach hinten gedrängt und das kam dann wieder und diese Welle ist sozusagen, eine dieser Angriffswellen ist sozusagen die Goethe gewesen.
Ich finde es ja ganz nett, der Hinweis, dass es bei Newton eigentlich mehr um Optik ging,
um die Physik wie Licht, wenn es durch irgendwie das Prisma geht, was da passiert und die Farben da nur zweitrangig sind. Während bei Goethe tatsächlich die Farben doch im Zentrum stehen. Also der hat sich tatsächlich mehr darum Gedanken gemacht,
Wie entstehen diese Farben und wie ist weißes Licht, wie entsteht weißes Licht, wie entsteht farbiges Licht.
Das war gar nicht Newtons primäres Ziel herauszufinden.
Nein, war es überhaupt nicht.
Deswegen ist das eine die Optik, das andere die Farbenlehre.
Der subjektive Anteil, ich verwende das Wort nicht gern, aber Goethe verwendet es und es ist auch sinnvoll, aber...
Der subjektive Anteil ist ja etwas, was Newton nicht interessiert.
Der möchte ja objektive Gesetze finden, sozusagen den Beobachter außen vor lassen.
Und das ist gerade das, was, vielleicht gehört das wirklich zum Kern der Farbenlehre,
Und Goethe sagt, den Beobachter kann man nicht außen vor lassen, wenn es um Sehen geht,
wenn es um Farben geht, wenn es um die Wahrnehmung und um die Feststellung der Gesetze der Wahrnehmung
an Farben geht.
Dann müssen wir uns auch mit dem Auge beschäftigen, nicht nur mit dem Prisma, mit dem optischen
Apparat, sondern mit dem Auge, mit dem der sieht.
Das ist die subjektive Seite und das betrifft ja nicht nur die...
pathologischen Erscheinungen
wie
Rot-Grün-Blindheit, es betrifft nicht nur
die subjektiv, physiologisch
subjektiven Seiten des Farbsehens
wie Nachbilder auf einer reißen Wand.
Ja, haben wir auch gut darüber.
Haben wir schon auch darüber geredet.
Sondern es betrifft eigentlich
prinzipiell die Frage, wie nehme ich
Farben wahr, wie kann es sein, dass es
Licht gibt, das ich nicht sehen kann, das ist
eigentlich... Infrarot, Ultraviolett.
Infrarot, Ultraviolett sind Entdeckungen
der Goethe-Zeit, also ein
Und 118.1, wenn ich die Daten jetzt richtig im Kopf habe, kann man das flüchtige Licht haltbar machen, sozusagen für alle Zeiten, durch chemische Vorgänge, Silber, Chlorid, Lösungen und so weiter.
Wir stehen am Beginn der Fotografie und das ist alles, worüber Goethe und viele andere natürlich auch intensiv nachdenkt.
Was er alles so rausgefunden hat,
haben wir in der letzten Folge schon erklärt.
In dieser Folge wollten wir,
oder wolltest du in dem Fall,
mal zusammentragen,
was wir in der letzten Folge schon erklärt haben.
wie die Reaktion auf sein
Opus Magnum
war, auf die
Farbenlehre.
Und ich war ja, wie gesagt,
so ein bisschen
entsetzt über seine
Also natürlich erstmal über die Polemik über
Newton. Dann hat er mich gewundert,
hat ihn keiner gewarnt oder so, warum?
Wie hat die Welt jetzt darauf reagiert?
Ich habe ein paar Texte und Zitate zusammengetragen,
Und
weil das einfach wirklich interessant ist, das zu sehen.
Ein wenig bekannte Kommentar ist der von Alexander von Humboldt,
dem man ja immer eine Freundschaft mit Goethe zuschreibt
und wo es auch eine Nähe gibt, das ist ja unbestritten.
Und Humboldt hat sich ja...
Es ist unterschiedlich über Goethes Leistungen geäußert, das Dichterische sehr gut, das Naturwissenschaftliche ganz differenziert, aber die Farbenlehre ist eben etwas, was er ablehnt, was er Goethe natürlich nie sagt, was er auch nur privat sagt, privativ in irgendwelchen Briefen, auch schon lange nach Goethes Tod, er spricht nicht.
von der arroganten und recht albernen Farbenlehre in einem Brief 1853 und er spricht von einem unglücklichen, mit geschmacklosen Verwünschungen begleiteten Feldzug gegen die Mathematik und Newtons Optik 1850.
Natürlich alles nur in privaten Briefen, nie öffentlich. Also das ist das, was Humboldt wirklich von der Farbenlehre gehalten hat.
Kein Wunder ist im Umkreis der Pariser Physiker und Optiker tätig,
Freund von Arago.
Da entsteht, unabhängig von Goethe sozusagen,
Goethe nimmt das aber wahr, die moderne Optik dessen frühen 19. Jahrhunderts.
Daran ist Humboldt beteiligt.
Er hat natürlich da nicht viel davon gehalten.
Finde ich ganz interessant, diese Zitate, weil sie...
die Distanz auf diesem Gebiet doch zeigen.
Sonst gibt es eine viel größere Nähe zwischen Humboldt und Goethe.
Und wenn du dir anschaust, was es heute oder Ende des 20. Jahrhunderts,
Anfang des 21. gibt, zur Farbenlehre,
wenn man dann vielleicht, was sicher am interessantesten ist,
uns die Frage stellt, was sagen denn eigentlich moderne Physiker
oder Physiker überhaupt zur Farbenlehre?
Oder wie wurde sie denn im 19. Jahrhundert aufgenommen?
Aber um dabei ein paar Extrembeispiele zu nehmen, Gernot Böhme, das ist ein Philosoph gewesen, der stellt sich die Frage, ist die Farbenlehre überhaupt eine Wissenschaft?
Jetzt musst du kurz erklären, wann hat er jetzt gelebt, weil du hast den Sprung gemacht vom 19., dann bist du ins 21. gesprungen und...
Ja, wir sind, also Gernot Böhme war Professor für Philosophie in Darmstadt ab 1977.
Wir sind also am Ende des 20. Jahrhunderts.
Er stellt die Frage, ist Goethes Farbklärung überhaupt Wissenschaft?
Naturwissenschaft ist natürlich immer gemeint.
Und er kommt zum Schluss einerseits ja.
Ja, sie hat sozusagen alle Kennzeichen, die man von einer Wissenschaft erwarten muss.
Aber sie ist letztlich ein historisches und persönlich isoliertes Stück Wissenschaft geblieben. Und zwar, warum hat sie sozusagen keine Wirkung auf die Physik entfaltet, weil das Erkenntnisinteresse Goethes, schreibt Gernot Böhme, ein ästhetisches Interesse war.
vor allem ein Interesse,
etwas für die Malerei zu leisten.
Und das finde ich eigentlich
nicht so ganz plausibel,
muss ich das mal so sagen.
Er meint von Goethe aus?
Ja.
Von Goethe aus gesehen, genau.
Und dazu denke ich,
es widerspricht eigentlich
der Theorie, also seiner eigenen
These, dass es Wissenschaft ist, denn
Dann muss ich einen über Jahrzehnte hinweg in unendlich vielen Variationen durchgeführten optischen Apparat entwickeln, sammeln und mich damit beschäftigen, um dann für die Maler ästhetische Fragen zu lösen. Ich glaube, das könnte man noch anders machen.
Also das ist sozusagen ein extremen Punkt, ist vielleicht unglücklich ausgedrückt,
aber eine Position, die Goethe letztlich implizit die Wissenschaftlichkeit dann doch abspricht,
obwohl sie sehr explizit zuspricht.
Ein anderer Punkt ist, oder ein anderer an dieser Punkte ist Goethe,
und seine Farbenlehre als Theologie,
als etwas Theologisches zu deuten.
Das macht zum Beispiel Albrecht Schöne,
großer Goethe-Forscher.
Wann hat der ungefähr gelebt?
Der lebt noch.
Ja, am Gotteswillen.
Warum?
Wir wollen da nicht aufs Glatteis gehen.
Goethes Farbentheologie, ein sehr schönes
und wirklich interessantes Buch,
wie eigentlich alle Bücher von Albrecht Schöne.
Und der schreibt,
Er stellt das in einen theologischen Zusammenhang, dass Goethe sich gefühlt hat als einer der wahren Wissenden.
Und Goethe entwickelt eine Art Kirchengeschichte der richtigen Anschauung der Farben.
Und alle, die sozusagen dagegen sind, sind die Ketzer und die müssen auch quasi als Ketzer behandelt werden und so.
Der interessante Punkt daran, oder einer der interessanten Punkte daran ist, dass laut Schöne für Goethe die moderne Naturwissenschaften schuld sind an der effizienten Zerstörung der Welt.
Technik und Naturwissenschaften richten die Welt zugrunde durch.
durch die Möglichkeiten, die sie bieten, durch die Effizienz, die sie haben und dadurch verschwindet Natur immer mehr und letztlich leben wir in einer apokalyptischen Welt oder in einer Welt drohender Apokalypsen. Das hat Goethe so empfunden und
Und das größte Unheil der neueren Physik, sagt Goethe ja wörtlich, ist also den Menschen von der Natur abtrennt, durch die Experimente absondert und durch die künstlichen Instrumente von der Natur trennt.
Irgendwann konnte Goethe ja bereits den Blick durch die Brille nicht mehr ertragen oder...
obwohl er selber Mikroskope hatte und Teleskope.
Ich wollte gerade sagen, er macht es ja selber.
Ja, es ist widersprüchlich, er macht es,
aber gleichzeitig hat er ein distanziertes Verhältnis dazu.
Und er sagt auch gegen eines anderen Lebens,
ich habe keinen Glauben mehr an die Welt und möchte verzweifeln lernen.
Und man fühlt sich in deprimierter Stimmung,
in das Elend unserer Zeit hinein,
als wäre die Welt nach und nach zum jüngsten Tage reif.
Ich sehe die Zeit kommen, wo Gott keine Freude mehr an ihr, der Menschheit hat
und wo er abermals alles zusammenschlagen muss,
zu einer verjüngten Schöpfung.
Und in diesem Kontext ist die Farbenlehre eben der Versuch,
die Menschheit davon abzubringen, sozusagen von der Zerstörung der Welt,
der Natur durch Technik und Naturwissenschaften.
Okay, das geht für mich jetzt so ein bisschen in diese Richtung
Da ich ja Biologie studiert habe und Dawkins gelesen habe und so.
Und Dawkins und diesem redaktionistischen Ansatz immer so ein bisschen der Vorwurf gemacht wird,
Naturwissenschaft zerstört so die Magie des Lebens.
Ja, die Magie, auch das, klar, selbstverständlich.
Sondern auch das Leben sein.
Goethe macht sich ja lustig über die, die glauben...
lebendiges schaffen zu können
in der Fiole,
im Gänzglas. Das ist ja
ein Hauptthema von
Forst 2. Und der
künstliche Mensch, der Homunculus,
scheitert ja dann, oder scheitert
es, aber er geht zugrunde beim Versuch
wirklich zu werden. Er kann
Dieses Gläschen ja nie verlassen oder wenn er es verlässt, stirbt er, löst er sich auf.
Im Ozean, in der Vereinigung mit Galatea.
Okay, das jetzt aber dann Rezeption schon...
Ja, ich habe das als Eckpunkte sozusagen versucht.
Wovon reden wir überhaupt?
Aber die Grundfrage haben wir noch nicht beantwortet.
Wie haben denn die Zeitgenossen und die späteren?
Lass uns mal gerade, wenn du das
irgendwie kurz erzählen kannst,
Musik
Musik
1810 kommt dieses Buch raus.
Weißt du unter welchen Bedingungen, also wird
Gibt es eine Buchpräsentation?
Oder ist es in seinem Salon und er erklärt so
und macht so ein bisschen Vorträge oder wie?
So ein Werk kommt halt raus.
Nein.
Man muss sich das ganz anders vorstellen.
Erstens schreibt er ja schon wirklich jahrelang daran.
Schiller stirbt ja bekanntlich 1805.
Schiller diskutiert schon mit ihm über die Farbenlehre.
Sie machen auch gemeinsam Skizzen dazu und Zeichnungen.
Das ist eine ganz berühmte.
Scheler findet die Farbenlehre sehr überzeugend und ist sich sicher, dass sie à la longue gesehen sich durchsetzen wird, auch wenn die Gegenwart sie vielleicht oder wahrscheinlich ablehnen wird. Das war ja bereits auch ein Thema, also bereits vor 18.5. Also es wird alles diskutiert. Es gibt einige wenige Passagen der Farbenlehre, die nicht von Goethe selbst sind, sondern von Scheler.
seinen Unterstützern von Meier und von anderen.
Das heißt, da arbeiten auch andere mit, die lesen das immer wieder und kommentieren das.
Und im Feiermacher Umfeld, muss man sagen, sowohl davor als auch danach,
unmittelbar danach, gibt es eigentlich hauptsächlich Zustimmung zur Farbenlehre.
Also die Leute, die das kennen, mit denen geht das diskutieren,
das sind viele, die finden das gut.
Ja, trotzdem, um es sich ein bisschen vorzustellen, falls du es weißt, also dieses Buch kommt
raus, erscheint es dann einfach in einem Buchladen?
Also wie hat die Welt davon erfahren, dass dieses Buch jetzt da ist?
Na, die Welt hat schon vorher davon erfahren, dass das Buch bald da sein wird in Briefen
und Gesprächen.
Man kann, ich weiß nicht, ob es bei der Farbenlehre so war, aber man kann natürlich gerade so
größere Bücher subskribieren, das heißt, man kann natürlich nicht mehr, man kann
Du bist von vornherein daran interessiert, das zu kaufen. Du hast ja bei vielen Büchern, bei der Farmlehrer ist das glaube ich nicht der Fall, aber ich weiß es nicht, Subskriptionslisten, wo du dich eintragen kannst und dann, die werden auch oft zum Buch dazugebunden und da kannst du dann erfahren, dass der Herzog von sowieso und der Buchhändler sowieso drei Exemplare für seine Bibliothek, für sein Ding, Buchladen möchte.
Und auch Einzelpersonen sind dann oft aufgeführt.
Das gibt es bei ganz vielen Büchern.
Und die Bücher werden erwartet.
Also es ist nicht so, dass so wie heute,
dass man einen mühsamen Überblick verschaffen muss.
Es gab viel mehr Bücher, als man denkt,
aber natürlich nicht so viele wie heute.
Also jeder, der auf dem Gebiet tätig war,
jeder geistig Interessierte wusste eigentlich,
dass es sowas gibt.
Dann werden natürlich auch Exemplare verschickt,
die man in den letzten Jahren
Also da musste man keine Werbung machen und sich nicht in der Bibliothek einen Saal mieten und dann eine Buchvorstellung machen.
Eine Frage noch. Du hattest erzählt, bei seiner Urpflanze, bei seinem Büchlein war es ihm auch so wichtig, aber das war sein erstes naturwissenschaftliches Werk.
mit dem Rosi der Pflanzen,
hattest du erzählt, er wollte ja glaube ich
irgendwie Abbildungen reinhaben und der
Verleger fand das irgendwie überflüssig.
Ja, genau.
Weißt du, wie das hier bei dem Buch war?
Konnte er da auch machen, was er wollte?
Naja, die
haben natürlich einen sehr schönen Tafelband,
wo der alle Stücke spielt,
wie man so schön sagt.
In Farbabbildungen, kommentierte
Tafeln, es ist sehr schön
und aufwendig gemacht und
Wie alt ist Goethe? Er ist etwa zu der Zeit, also 60. Er hat, muss man auch sagen, obwohl alle wissen, dass er sich damit beschäftigt, zwei Jahrzehnte lang, relativ wenig Naturwissenschaftliches publiziert, also in der Geologie ganz wenig, wie mit dem Hose der Pflanzen, das stimmt.
Und noch ein paar andere kleine Dinge, aber das ist die erste große naturwissenschaftliche Publikation,
gleich 1500 Seiten in drei Bänden mit dem Zusatzbeinbruch.
Klar, es gibt Aufsätze dazu, eben wie du schon gesagt hast, in den 1790er Jahren die Beiträge zur Optik,
Die sind ja auch auf Verhalten, Kritik und wenig Zustimmung gestoßen. Also Lichtenberg, der auch schon tot ist, 1810, Lichtenberg hat das auch nicht sehr interessant gefunden, hat dann irgendwann mal nicht mehr reagiert.
auf Goethes Anfragen.
Also die haben das alle gewusst,
dass sich der beschäftigt damit.
Und irgendwann kommt das Buch
und dann kann man es vielleicht subskribieren.
Vielleicht bekommt man es geschickt.
Okay, dann war es draußen.
Genau.
Und dann hat die Welt reagiert.
Dann hat die Welt reagiert, wie gesagt.
Der große Goethe zur Farbe.
Genau, der große Goethe,
der gleichzeitig an
allen möglichen noch arbeitet,
liegt dann auch so ein Werk vor.
Vielleicht gerade mal, weißt du was,
vielleicht kurz vorher oder so
im anderen Bereich entstand?
Ja, natürlich, die Wahlverwandtschaften
zum Beispiel, 1809,
ein Roman, der auch
dieses Kopfschütteln ausgelöst hat.
Da jemand
offensichtlich auf die Idee gekommen ist,
die Beziehung zwischen vier Menschen,
zwei Männern und zwei Frauen,
also eines davon ein Paar,
So darzustellen, als wären das chemische Elemente, die sich dann neu verbinden in einer neuen Laborsituation. Ich fasse jetzt das Ganze auf einem abstrakten zusammen, aber der Begriff Wahlverwandtschaften ist ja ein Begriff aus der Chemie der Zeit.
dass Stoffe Anziehung und Abstoßung haben.
Und wenn ein anderer Stoff, der eine größere Anziehung hat,
dann in meine Nähe kommt, dann verbinde ich mich mit diesem neuen Stoff.
Und Goethe hat die Beziehungen von Menschen sozusagen
auf naturwissenschaftlich-chemische Gesetze zurückgeführt.
Und das ist im Zeitalter der Romantik und der romantischen Liebe.
Das heißt, wer das so verstanden hat,
den ist dann so ein Buch über...
über Licht und Farben gar nicht so überraschend.
Wer es halt nicht unter diesem Aspekt betrachtet hat,
für den ist dann aber so ein Buch über Licht und Farben
schon irgendwie ungewöhnlich, oder?
Das stimmt.
Wobei das ja kein Geheimnis war mit den Wahlverwandtschaften,
dass wir hier...
dass das der Hintergrund ist zu dem Roman,
der ja dann auch zum Untergang der Beziehungen
und einiger Protagonisten führt,
also er trinkt ja.
Also es ist ein tragischer, kurzer Roman,
der nicht auf...
ungeteilte Zustimmung gestoßen ist aufgrund dieser kalten Behandlungsreise sozusagen.
Ja, das ist ungefähr das Umfeld vielleicht.
Ich versuche mir das gerade irgendwie so vorzustellen.
Jemand wie Günter Grass bringt irgendwie eins seiner Mammutwerke raus,
Der Butt oder so.
Und ein Jahr später bringt er ein Buch, ein gewaltiges Werk,
ein Tausend Seiten,
was ich über die Physik
des Atoms heraus
wie da die Welt geguckt hätte.
So muss man sich das wahrscheinlich irgendwie vorstellen.
Das wäre ja schon sehr...
Wobei wir jetzt inzwischen ein ausdifferenziertes Wissenschaftssystem haben,
was es damals ja nicht gab.
Das wäre heute wahrscheinlich sogar noch ungewöhnlicher gewesen als damals.
Weil heute die Welten so viel mehr getrennt sind.
Er ist ja niemand, der irgendwie...
Er war ja nicht an der Uni und hat auch noch Forschung betrieben.
Das ging wahrscheinlich damals auch nur, weil jemand wie Goethe tatsächlich eine Forschung zu Hause betreiben konnte.
Ja, und dann auch in einem Netzwerk stand.
Also er hatte Jena zur Verfügung und auch in Weimar gab es Interessierte und hatte natürlich eben viel an Apparatur.
Es gibt natürlich auch im 20. Jahrhundert noch Menschen, die naturwissenschaftliche Forschung und Dichtung
vereinen, wenn man so will. Also Ernst Jünger
hat ja sowohl
eine Menge Käfer beschrieben
oder Nabokov
ist ja ein ernstzunehmender
Schmetterlingsforscher gewesen.
Und gleichzeitig haben sie
wohl mehr Schriftsteller realisiert,
zumindest im allgemeinen Bewusstsein.
Und da gibt es ja einige Beispiele
für so Doppelbegabungen,
so amphibische
Arten die Welt zu betrachten.
Du hast recht, das Wissenschaftssystem gibt es noch nicht. Das bildet sich gerade heraus, das institutionalisiert sich gerade. Es entstehen eben gerade die physikalischen Zeitschriften, die sich ausschließlich diesen Themen widmen oder die geologischen Zeitschriften.
Aber
Und auch da gibt es natürlich Schriftsteller, die naturwissenschaftlich arbeiten, wie Albert von Chamisso oder Novaris. Aber es ist bei weitem natürlich nicht die Regel.
Okay.
Wie hat die Welt reagiert?
Wie hat die Welt reagiert?
Zu Weimar habe ich schon gesagt,
die waren begeistert oder zustimmend und so weiter.
Es gab einen Physiker aus dem Umfeld,
Goethes, der da in Halle war,
das war Thomas Seebeck,
der hat
einen Lehrstuhl für Physik in Halle gehabt.
Der war auch sehr zustimmend,
hat auch zusammengearbeitet mit Goethe,
hat sich dann aber im Laufe seines Lebens
immer mehr davon distanziert.
Es ist in Leipzig
Dann 1813 eine große Abhandlung erschienen, ebenfalls eines Physikprofessors, der den für Goethe unglückseligen Namen Pfaff hatte, Christoph Heinrich Pfaff.
Und Goethe war ja auf das Christentum ohnehin, also hatte ein ambivalentes Verhältnis der Kursange oder so.
Dieser Pfaff hat widerlegt vor allem die Kritik Goethes an Juden. Das hat ihn herausgefordert. Nicht nur das, aber es war so dreist, auch diese ausführliche Abhandlung an Goethe zu schicken.
Ende 1812 und Goethe hat dann auch zurückgeschrieben und Professor Pfaff hat sich natürlich dem mitleidlosen Spott Goethes ausgesetzt, der dann von absurder Pfaffe und diese ganzen dorteslandischen Kinder konnte sich nicht vergneifen. Es ist einfach ganz witzig zu lesen, welchen Formulierungen Goethe dann ausführt.
Herrn Pfaff abfertigt und so weiter.
Obwohl Pfaff eigentlich das meiste von dem gesagt hat,
was man heute auch noch sagen würde,
dass das eben in judenischer Physik oder in judenischer Optik
einfach sehr gut begründet ist.
Also eigentlich substanzielle Kritik.
Es war keine Polemik, es war eine substanzielle Kritik,
die sozusagen das erste Haupt hat sich erhoben
und Goethe hat zurückgeschlagen.
Aber es kamen dann immer weitere Kritiker hinzu.
Eine positive Stimme und ein positiver Stimme
Ein Kritiker sozusagen, das war ein Wiener Psychiater und ebenfalls Dichter, war damals häufiger, nämlich Ernst von Feuchtersleben. Ich weiß nicht, ob du den kennst, der ist eigentlich sehr interessant. Der hat in Wien der 1820er Jahre...
war befreundet mit Kelpatz und vielen anderen da in diesen Kreisen.
Und der hat eine hymnische Kritik der Farbenlehre geschrieben.
Ganz was Tolles ist.
Und das also nicht nur in der Darstellungsform,
sondern auch ein ganzes überzeugendes,
philosophisches System in der Farbenlehre.
Was deswegen interessant ist,
weil der eben nicht nur,
in Anführungszeichen nur Schriftsteller war,
sondern auch,
von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Seite, wenn man das in den Weg gekommen ist,
als Psychiater, hat einen Bestseller geschrieben damals,
die Diätetik der Seele, ähnlich wie Hufeland,
wie man sozusagen zur richtigen Lebensführung ist,
eigentlich einer der Begründer der Psychosomatik gewesen.
Ja.
Ja, und so gibt es dann ganz viele, gerade bei Medizinern hat man den Eindruck, ist es so, dass die der Farbenlehre mehr abgewinnen können als die Physiker, weil es eben um das Sehen und die Physiologie des Sehens geht. Also Johannes Müller ist...
dazu nennen, der einer der Begründer der wissenschaftlichen Physiologie, der sich da zustimmig geäußert hat.
Und wir haben, glaube ich, das letzte Mal schon Jan Evangelista Burkini erwähnt,
den tschechisch-böhmischen Physiologen, der in einem Werk über das Sehen sich angeschaut,
ähnliche Erkenntnisse hatte wie Goethe, nur was die Physiologie des Sehens betrifft.
Goethe war absichtlich nicht erwähnt, weil er sozusagen Nachteile befürchtet und nach einem persönlichen Kennenlernen in der zweiten Auflage dieses Werks dann ausdrücklich auf Goethe verweist.
Also es war bereits in der damaligen Zeit
in den Wissenschaften mitunter von Nachteil,
sich auf Goethe und die Farbenlehre zu berufen.
Und das finde ich eigentlich ganz interessant.
Ich frage mich gerade, haben denn
ich weiß nicht, wer waren die großen Physiker zu der Zeit, dass die so einen Angriff auf Newton, haben die das einfach ignoriert, weil sie sagten, das erledigt sich eh von selbst?
Oder gab es auch...
Und große Physiker, die es auch wagen konnten, sich jemandem wie Goethe gegenüber zu äußern,
die sagten, nee, totaler Bullshit.
Naja, also der Herr Pfaff war ja einer der Physikprofessoren von Deutschland.
Also das war jetzt nicht irgendjemand.
Ja, es ist unterschiedlich.
Also ein Zentrum der Befürwortung war sicher Berlin. Da hat es Protagonisten gegeben in der Goethe-Zeit, die sich dafür die Farbenlehre ausgesprochen haben. Ich weiß nicht, ob das Mehrheitsvoten sind oder ob man davon sprechen kann.
Viele werden das auch gar nicht rezipiert haben. Die Mehrheit hat sich das sicher ablehnend geäußert und das fremdeste Diktum ist sicher, dass wenn man jetzt einen großen Physiker nimmt, von Hermann von Helmholtz, aber das war natürlich schon nach Gütes Tod,
sich dazu
ablehnend geäußert hat, aber
Helmholtz war ja eben auch nicht nur Physiker, sondern auch Physiologe
und deswegen hat er sich besonders für
die Implikationen aus der Farbenlehre interessiert,
die sich um die Physiologie des Sehens drehen.
Aber im Prinzip kann man sagen, dass Helmholtz das nicht befürwortet hat.
Und das ist, glaube ich, eine
Er ist paradigmatisch für die Physik des 19. Jahrhunderts, ähnliches für die Physiologie wie Émile Dubois-Rémeaux, ein Schüler von Humboldt, wenn man das so sagen kann, der auch eine streng naturwissenschaftlich orientierte Physiologie gelehrt hat und vertreten hat und der das anwesend.
auch scharf abgesprochen hat, dass Goethe überhaupt einen Platz in der Geschichte der
Naturwissenschaften einnehmen soll. Das hat er ihm abgesprochen. Ähnliches findet sich
dann auch oft im 20. Jahrhundert. Ein Befürworter natürlich war Rudolf Steiner, der
jetzt kein Physiker ist und begründete Anthroposophie,
aber der eben auch in Weimar über Goethe gearbeitet hat
und auch über Goethes Naturwissenschaften,
auch da in der Sammlung gearbeitet hat
und der sich da eigentlich gut ausgekannt hat.
Also skeptisch mal seinem Werk,
ich zumindest, aber mich wahrscheinlich nicht der einzige Gegenüberstehende,
der das schon geschätzt hat,
aber eben sein eigenes Ding daraus gemacht hat.
Am interessantesten finde ich aber das, was die Physik des 20. Jahrhunderts zur Gehütter-Farbenlehre zu sagen hat. Das Erstaunliche ist nämlich, dass es nicht wenige Physiker gibt, große und bekannte Namen, die sich dezidiert und länger zur Farbenlehre geäußert haben, positiv und negativ natürlich.
Bis zum nächsten Mal.
was man vielleicht nicht so auf dem Schirm hat.
Also da gehören so Leute dazu wie Max Born, Heisenberg, Sommerfeld und einige andere noch.
Und ja, vielleicht ist das mal etwas, was wir uns dann begelegen hätten
oder jetzt dann gemeinsam anschauen können, es sei denn,
ich habe irgendwas Wichtiges vergessen, ausgelassen oder es herrscht völlige Unklarheit.
Du wirkst gerade etwas desorientiert.
Ja, ich bin jetzt ein bisschen desorientiert.
Ich weiß nicht, etwas, was eigentlich interessant ist.
Was die gesagt haben, ist doch zum Beispiel interessant.
Wenn du die Zitate hast.
Ja, egal. Ich habe mir ein paar ausgesucht.
Bitte.
Es gibt zum Beispiel ein Gutachten von Arnold Sommerfeld,
vielleicht sollte man sagen, weil das nicht jeder kennt,
Physiker 1868, 1951, ich habe gerade nachgeschaut,
der angeblich, ich weiß gar nicht, wie das funktionieren kann,
84 Mal für den Nobelpreis vorgeschlagen worden ist
und ihn nicht bekommen hat,
einer der großen Physiker des frühen 20. Jahrhunderts,
Der wurde um ein Gutachten gebeten über die Farbenlehre, also eigentlich über Leute,
deren Namen wir nicht mehr kennen, die Goethes Farbenlehre wieder fördern wollten,
als größte naturwissenschaftliche Leistung.
Und da wurde eben 1917, also mitten im Krieg, im Ersten Weltkrieg, von einem der großen Physiker Deutschlands
Maschinen schriftliches Gutachten verlangt, was von Goethes Farbenlehre
zu halten ist und ob man das in den Schulen oder sonst wo
lehren soll. Und Arnold Sommerfeld
sagt ganz klar, dass die
Farbenlehre Goethes, ich zitiere, von Anfang an
falsch angelegt ist und dass es deswegen
eigentlich keinen Sinn macht,
Und der götischen Farbenlehre fehlen wesentliche Momente, die der Künstler braucht. Sie ist von Anfang an falsch angelegt.
Auch der Künstler kann sich nicht berufen auf die Farbenlehre, um etwas für Kunst, Malerei und so weiter zu lernen.
Also nicht nur in der Physik, sondern auch im Bild.
In der Kunst, in der Ästhetik sollte man sich nicht auf die Farbenlehre berufen, was ich ein sehr interessantes Urteil finde. Und Sommerfeld führt das dann auch aus, wie physiologisch Mischungen von Farben und so weiter. Hatten wir letztes Mal auch schon kurz erwähnt.
gesprochen, dass da nicht
unterschieden wurde zwischen den Farbmischungen
und was auch ein wichtiger Punkt ist für
Sommerfeld. Weiß ist eine zusammengesetzte Farbe,
schreibt er, und schwarz hat objektiv keine Lichtenergie.
Während weiß ja ein grundlegendes Phänomen ist für Goethe.
Und wir reden von Licht, jetzt Lichtweiß.
Genau, wir reden von Licht, von weißem Licht. Und
Wenn ich sozusagen das Denkmodell jetzt schwarz im System der Physik nehme, dann ist schwarz einfach die Abwesenheit von Licht und nicht irgendetwas, das eine eigene Form von Licht oder Energie oder sonst was ist. Das sind eben die Kategorien.
einfach die grundlegenden Einwände, die man laut Sommerfeld,
und das kann man glaube ich auch nachvollziehen,
irgendeine Farbenlehre haben muss.
Also das betätigt sich jetzt nicht nur auf die Farbenlehre,
auf die göthische, sondern auch auf die Anwendung, die andere anwendet.
machen wollen. Es gibt einen zweiten längeren Aufsatz, auch im Krieg geschrieben von Werner
Heisenberg, ein ganz bedeutender Physiker. Und zwar, wenn ich sage im Krieg geschrieben,
rede ich jetzt von Mai 1941 in der Zellschrift Geist der Zeit.
Und Heisenberg hat einen Vortrag gehalten in 1941 in Budapest und der wird dann hier abgedruckt in dieser Zeitschrift. Heisenberg muss man auch nicht vorstellen, ein großer Physiker des Lassens, Nobelpreis 1933, also er spricht schon als Nobelpreisträger der in Physik-Politik.
Und Ungarn, also Budapest, Ungarn ist ja mit Deutschland verbündet, auch ein Kriegsbündnis.
Und dieser Vortrag wohl zustande gekommen ist.
Und der Heisenbergsche Vortrag, der ist jetzt wirklich interessant,
weil Heisenberg gleich ganz dezidiert sagt, zu Beginn seines Vortrags der Kampf ist,
Also die Frage, wer hat recht, Goethe und ein Juden,
dieser Kampf, diese Entscheidung ist längst in allen Einzelfragen gefallen,
nämlich für Newton und es gibt da keine Diskussion.
Sieg und Entscheidung ist auf Newtons Seite, schreibt er.
Und der Sieg, der Einfluss auf die Forschung des folgenden Jahrhunderts
ist der newtonschen Farbenlehre geblieben.
Und wenn man das dann so liest, ist...
Das ist nur der Ausgangspunkt von Heisenberg.
Es entwickelt sich immer weiter und eigentlich in eine ganz andere Richtung, als man denkt.
Denn Heisenberg beginnt dann im Laufe des Vortrags zu unterscheiden zwischen zwei Wirklichkeiten.
Es gibt nicht nur eine, es gibt zwei Wirklichkeiten, eine Objektive und eine Subjektive.
Und die Objektive, das ist die, die durch die moderne Physik sozusagen erforscht wird,
oder von der modernen Physik, von modernen Durchschnittsend erforscht wird,
Und Heisenberg sagt, vor dem Angesicht der Quantenphysik,
vor dem Angesicht der Entwicklungen der Neurenphysik,
muss man sagen, dass auch diese objektive Wirklichkeit
eine gemachte Wirklichkeit ist,
eine durch den Beobachter, den Physiker hergestellte Wirklichkeit.
Und daraus muss man einfach eine bestimmte Schlussfolgerung ziehen,
nämlich die, dass diese Entscheidung,
von der er am Anfang erklärt hat, dass sie längst gefallen ist,
und was ja wissenschafts-historisch auch richtig ist,
dass diese Entscheidung eben doch nicht so ist, wie man sich das vorstellt,
sondern dass der Kampf Goethes gegen die physikalische Farbenlehre
auch heute noch weiter ausgetragen werden muss.
Das finde ich eine wirklich interessante Aussage von einem der großen Physiker des 20. Jahrhunderts.
nachdem er erklärt hat, sie ist eigentlich schon gefallen.
Nein, ja, sie ist gefallen, aber sie muss dennoch weiter ausgetragen werden,
weil die Naturwissenschaft die objektive Wirklichkeit zwar recht haben,
und woher wissen wir das? Wir wissen es durch die Technik.
Die Technik funktioniert und die funktionierende Technik ist der Beweis,
dass diese objektive Wirklichkeit sozusagen wirklich von den Naturwissenschaften
Angegriffen, ergriffen, gehandelt werden kann. Aber die moderne Naturwissenschaft handelt nicht mehr von der Welt, wie sie sich uns unmittelbar darbietet, von einem dunklen Hintergrund dieser Welt,
den wir durch unsere Experimente ans Licht bringen.
Auch übrigens diese Metapher finde ich interessant.
Ein dunkler Hintergrund.
Ein dunkler Hintergrund, der ans Licht gebracht wird.
Wir werden immer abstrakter, immer unanschaulicher.
Und die Naturwissenschaften erschaffen eine Wirklichkeit,
in der der Beobachter auch eine Rolle spielt, die so komplex.
Vielleicht bleiben wir beim Wort unanschaulich,
weil das ist fast ein gödisches Wort,
dass sie nur mehr als dunkler Hintergrund erscheint,
den wir eigentlich nicht mehr verstehen
und wo wir auch den Beobachter einbeziehen müssen.
Klingt jetzt ein bisschen logisch,
dass es ausgerechnet von Heisenberg kommt,
Quantenmechanik und so,
und der Beobachter beeinflusst das System,
das er beobachtet und solche Sachen.
Ich dachte jetzt eben an...
an Einstein, seine Relativitätstheorie, die im Prinzip ja die newtonsche Physik,
was die newtonsche Physik oder was?
Ja, ja.
Nicht solit machte, aber erweiterte und in Bereichen.
Ja, genau.
Eigentlich bestätigt sie die newtonsche Physik, aber sie...
zeigt, dass sie ein Grenzfall ist, wenn man so will.
Ein Grenzfall, der in großen und kleinen Dimensionen
diese Regeln und Gesetze nicht mehr gelten,
aber sie gelten eben im judischen Bereich,
in unserem Bereich, aber nicht im
im kosmologischen oder im krankenphysikalischen Bereich,
weil es ja da in ihre Grenzen kommt.
Und das Ähnliches sagt Heisenberg auch,
die Natur entzieht sich der genauen Festlegung durch unsere anschaulichen Begriffe,
durch die unvermeidliche Störung, die mit jeder Beobachtung verbunden ist.
Und diese Beobachtung entscheidet erst, welche Züge der Natur bestimmt werden.
Eigentlich ist das ein Schluss, den man schon aus dem Doppelspaltexperiment
18.2, glaube ich, schließen kann, wo man eben zeigen kann, dass sich Licht eben nicht nur als Teilchen, sondern vor allem auch als Welle verhält.
Und ich bringe das Licht dazu, sich als Welle zu verhalten, indem ich bestimmte physikalische Experimente anstelle, wo ich das zeigen kann.
Und damit relativiert Heisenberg ja eigentlich nichts anderes als seine Aussage vom Beginn seines Vortrags, dass die Frage entschieden ist.
Sie ist insofern nicht entschieden, als dass, wenn ich von der jüdischen Physik jetzt zur modernen Physik gehe, den Beobachter mit einbeziehe.
Das ist das, was Goethe ja eigentlich unablässig fordert und was Newton ja ausschalten möchte.
und
dann bekommt das Ganze ein anderes Gesicht.
Und Heisenberg fasst das dann am Schluss seines Vortrags in Budapest zusammen,
dass eigentlich die göthische und die nutische Farbenlehre im Licht der modernen Physik,
so heißt der Vortrag, nicht im Widerspruch zueinander stehen.
Obwohl Goethe das selbst so empfunden hat und viele andere auch und so weiter,
sondern Heisenberg sagt,
Also wenn man so denkt und wenn man auf diese Weise die Wirklichkeit betrachtet, dann löst sich der Widerspruch, sagt Heisenberg, zwischen der götischen und der jüdischen Farbenlehre von selbst.
Die beiden Theorien stehen an verschiedenen Stellen in jenem großen Gebäude der Wissenschaft und
Es sind also verschiedene Arten und Methoden, mit Licht und Farben umzugehen.
Und ist also nicht nur, was eben Böhme zum Beispiel sagt,
eine ästhetische Theorie, die für Maler dient,
sondern es ist eine grundlegende Naturtheorie.
Das finde ich aus dem Munde von Heisenberg wirklich interessant.
Da hätte sich Goethe wahrscheinlich...
sehr mit zurechtgefunden.
Also er hat ja wahrscheinlich
wiedergefunden.
Ich glaube auch und ich glaube auch,
dass ich kein vergiftetes Geschenk
in diesem Vortrag übersehen habe,
weil
das eben die Denkbewegung dieses Vortrags
ist.
Okay, mir geistert gerade so ein komischer Gedanke rum, es ist jetzt aber nicht so, ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll.
Hat jetzt Goethe durch die Hintertür doch recht gehabt?
Oder ist das nur, weil Eisenberg einfach der Welt,
diese Gedankenwelt der Quantenphysik,
genutzt, um Goethe
so ein bisschen mit ins Boot zu holen
oder so, weil er halt Goethe war.
Ja genau, die Frage ist doch berechtigt,
aber ich glaube, bei der Frage
sieht man auch
die Schwierigkeiten, das zu verstehen.
Ich glaube nicht, dass man jetzt
mit der Quantenphysik
Goethe retten kann. Ich glaube, dass es auch gar nicht
darum geht, Goethe zu retten, sondern
Worum geht es denn? Man kann doch zwei Dinge auf zwei Arten mit dieser Fabrik umgehen. Man kann sie einerseits wissenschaftshistorisch anschauen. Also wer hat das geschrieben, warum hat er das gemacht, welche Wirkung hatte das und so weiter. Das ist eine wirklich interessante Frage, die wahrscheinlich nur Spezialisten letztlich beantwortet.
im Detail interessiert.
Aber sie ist legitim.
Ein großer Dichter beschäftigt sich
jahrzehntelang mehr mit solchen
Fragen als mit dem Faust.
Was ein bisschen ungerecht ist, weil
mit dem Faust hat er sich auch wirklich fünf Jahrzehnte beschäftigt.
Ja,
das ist das eine.
Und das andere ist,
Wir haben hier einen der längsten Texte Goethes, oder mit Sicherheit den längsten Text Goethes zu den Naturwissenschaften und einen der längsten Texte in der Geschichte der Wissenschaft zu Naturwissenschaften.
Und das ist der zweite Weg und der zweite Punkt, den man hier, glaube ich, betrachten muss.
Wir können an dem Text lernen, an dem Buch lernen, Text ist auch ein dummes Wort,
an dem Buch lernen, wie betreibt man Wissenschaft, wie setzt man sich mit der Natur auseinander, wo sind die Grenzen der Methoden der Naturwissenschaft, wie kann ich die erweitern, überschreiten, immer wieder auf viele Arten weiter.
sozusagen darüber hinausgehen, wieder oder wieder zurückkehren und so weiter.
Und das kann ich historisch machen, das kann ich polemisch machen,
das kann ich didaktisch machen.
Sind meine ganzen Irrtümer auch mit dabei?
Letztlich meine ganze Lebensgeschichte.
Ja, ich finde das deswegen einen faszinierenden Text.
Und die Frage, richtig oder falsch, die ist falsch, die Frage,
weil erstens gibt es keine eindeutige Antwort darauf,
weil die Farbenlehre natürlich ganz viele Thesen hat und das sind natürlich welche richtigen und welche falsch.
Wissenschaftshistorisch, da hast du recht, muss man sagen, die Farbenlehre war zwar ein Stachel, wenn man so will, im Fleisch, der Optik, aber vielleicht war sie auch nicht mal das,
beeinflusst hat sie jetzt
die Geschichte der Optik
und der Physik vielleicht weniger,
als Goethe das gewollt hat.
Mit wenig Relevanz.
Mit wenig Relevanz. Da kann man immer eine gewisse Schuld.
Wenn man jetzt von Schulstürz sprechen will,
kann man ja nicht absprechen.
Er hätte es auch höflicher machen können.
Er hat es nicht gemacht.
Das ist okay.
Dass man dieses Buch verwenden kann als Reflexion über Natur und Naturanschauung und Erforschung. Ich glaube, das ist doch der eigentliche Punkt. Ich bin der Letzte, der jetzt Goethe retten will.
Aber
Aber wenn einem Buch das gelingt und rezeptionsgeschichtlich, wenn es einem Buch gelingt, solche Köpfe wie Max Born,
den haben wir noch nicht in seine Betrachtungen zur Farbenlehre gesehen, oder Heisenberg oder viele andere.
Also Hegel, ich sei nicht verschwiegen, meinen Sprung wieder zurückzumachen, war natürlich von der Farbenlehre überzeugt.
Schopenhauer hat sich erbütig gemacht, die Farbenlehre.
zu vollenden, wie für ihn selbstverständlich richtig war.
Also wenn es mir gelingt, solche Köpfe, solche Leute zu faszinieren und zu beschäftigen,
dann ist das ja etwas, was man nicht über viele Bücher sagen kann.
Musik
Was hat Max Born gesagt?
Max Born, Quantenphysiker, Quantenmechaniker, auch Nobelpreisträger 1954,
Und Max Born hat auch einen Vortrag gehalten, der ist auch publiziert worden, wo er allgemein über Farbenlehre, nicht nur von Goethe schreibt, aber eben auch über Goethe und das auch beurteilt und Max Born
tritt sozusagen zurück gegenüber Heisenberg,
sagt, also gegenüber Newton hat Goethe
gerade den Kürzeren gezogen und die These,
die Grundthese, die physikalische Grundthese Goethes,
nämlich, dass die Farben durch Kantenspektren
entstehen, ist keine These
die der Newton'schen Optik
der Lichtbrechung gleichwertig wäre.
Also man sieht Max Born ganz klar
einen Rangunterschied.
Aber, und das ist bei Max Born
viel allgemeiner ausgeführt als bei Heisenberg,
es gibt auch ein Aber,
das gegenüber Goethe
einen Vorteil hat,
Man kann ruhig zugeben, dass er auf dem Gebiet der Physik, nämlich Ers Goethe, auf dem Physik der Farben gegenüber Newton den Kürzeren gezogen hat, ohne seine Größe zu beeinträchtigen.
Aber die physische und logische Zergliederung von Phänomenen lag ihm nicht.
Er wollte die Natur als Ganzes sehen und begreifen.
und
Das ist, wenn wir jetzt die Frage falsch und richtig sagen, ein bisschen unglücklich, denn dass Goethe die physische und logische Zergliederung Phänomene nicht gelegen hat, ist eine auch recht kühne und allgemeine Aussage. Er hat immerhin ja jahrzehntelang nichts anderes fast gemacht.
Dass sie die Natur als Ganzes sehen und begreifen will, das stimmt, aber es ist halt sehr allgemein.
Ist so ein bisschen das Klischee.
Ein bisschen das Klischee, genau.
Und Max Born führt das aber Gott sei Dank dann doch noch ein bisschen aus,
sich auf den didaktischen Teil der Farbenlehre zu beruhen und da sagt er dann,
Und dass Goethe eben den Bogen spannt und wir sind immer noch beim Thema, die Natur zu begreifen, dass er eben die Wirkung von Farben untersucht und zwar die psychische, ästhetische, allegorische, symbolische und mystische Wirkung der Farben.
Das ist das Begreifen der Natur als Ganzes.
Aber für mich ist die psychische, ästhetische, allegorische, symbolische und mystische Wirkung von etwas, die wir in der Natur haben.
eigentlich was weniger mit Natur zu tun hat
als mit dem Menschen.
Es sind ja alles Kategorien des Menschen,
das Mystische, das Psychische, das Ästhetische und so weiter.
Dass sich ja in der objektiven Welt,
wenn man es jetzt so nennen will, in der Physik,
findet sich keine symbolische Wirkung von Farben,
keine ästhetische.
reduziert sich das Begreifen der Natur als Ganzes bei Goethe auf Wirkungen von Farben auf den Menschen und allerdings auf allen Ebenen, aber zum objektiven Verständnis optischer Gesetze,
Also letztlich
das ist doch der implizite Schluss, den man aus solchen Sätzen ziehen muss,
leistet sie wenig für Max Born.
Das ist ein Vortrag von 1962 gewesen,
das man nur einordnen kann.
Es scheint mir schon so,
entspricht meinem Eindruck so ein bisschen,
was die Physik angeht,
hat er daneben gelegen.
Bei diesem
er hat
psychologischen und physiologischen Teil
kann ich jetzt gar nicht
sagen, wie richtig er da gelegen hat.
Ich habe mich zum Beispiel gerade gefragt,
wenn ich diesen Farbkreis, den wir
auf dem Cover vor mir habe,
da sind im Prinzip zwei Ringe
mit diesen
Farbsegmenten und
den Beschreibungen im äußeren
Ring Vernunft oder
Was steht da noch? Kann ich gar nicht lesen.
Im inneren Ring gibt es dann sowas wie edel und gut.
Wir haben gar nicht, oder ich habe gar nicht gefragt,
wie kommt denn Goethe dazu?
Und es war, glaube ich, mit Schiller zusammen oder so, ne?
Genau.
Zu sagen, dieses Orange, dieses dunkle Orange
ist mit edel verbunden und das Gelb mit gut.
Ja.
Ja, naja, also Goethe greift natürlich auf eine lange Theorie, ich nenne es mal ganz kurz Farbpsychologie zurück, die auch weiterentwickelt unter Wirkungen von Farben. In der Antike macht man sich da schon viele Gedanken in der Renaissance und so weiter.
Und darum geht es auch in der Farbenlehre und auch, dass er seinen eigenen Wohnraum hat Goethe ja zum Teil nach diesen Lehren gestaltet. Also bekanntlich das Arbeitsthema, das hatten wir auch schon das letzte Mal, das Thema, das ist ja in einem...
hellen, leicht anregenden Grün, einer neutralen Farbe gehalten, die eben die Wirkung hat,
leicht anzuregen, aber nicht zu stark. In der Vorstellung der Zeit ist Grün neutral,
so ähnlich wie das Wiesengrün.
Das heißt, er hat im Prinzip gesammelt, was es dazu an Aussagen gibt und
Hat dann gesagt, die meisten sagen mit grün oder mit gelb.
Hat es vor allem auch an sich selbst getestet, beobachtet an anderen.
Hat ja auch Farbenblinde befragt, wie sie jetzt die Wiese sehen oder die Bäume und hat das nachgezeichnet nach deren Angaben.
Es gibt also umfangreich Dinge.
Versuchsanordnungen, muss man fast sagen, entsprechen in der heutigen Psychologie meines Wissens nach auch das Erste oder einer der Ersten, der das gemacht hat.
Mit welchen Farben und welchen Eigenschaften verbindet.
Genau und gibt es geschlechterspezifische Unterschiede oder Unterschiede zwischen den Völkern, die bestimmte Farben oder Kombinationen bevorzugen und so weiter.
Das hat ihn alles interessiert, kann man alles in der Farbenlehre nachlesen. Das ist ein ungeheures Material. Es ist eine Kulturgeschichte der Farben letztlich, auch mit dabei geworden, die natürlich auch für Mare interessant ist. Ich will das überhaupt nicht absprechen.
diese anfängliche Äußerung von Böhme, aber eben nicht nur.
Aber das ist auch sehr umfangreich und spielt eine wichtige Rolle.
Ich habe zum Abschluss noch, das würde ja auch in das passen,
du hast noch einen letzten Zeugen, einen Mathematiker in diesem Fall,
nämlich Andreas Speiser, das war ein Schweizer Mathematiker und Philosoph.
Oh, interessant. Wenig bekannt, aber hat wirklich ein paar interessante Aufsätze und Bücher geschrieben. Und der hat auch natürlich einen Aufsatz über Goethes Farbenlehre geschrieben, natürlich, vielleicht falsch, 1952, damit wir wissen, in welcher Zeit wir uns bewegen.
Und für Andreas Speiser ist die Farbenlehre, ich fasse das auch nicht kurz zusammen, letztlich eine Geisteswissenschaft.
Es ist also eine Wissenschaft, aber eine Geisteswissenschaft, keine Naturwissenschaft.
Eine Geisteswissenschaft, die zur Kunst gehört.
Und Andreas Speiser war ein wirklicher Kenner der Farbenlehre, muss man auch sagen.
Er entwickelt da in diesem sehr schönen, kurzen, schönen, präzisen Aufsatz ein.
ganz wichtige Einsichten, wie Goethe das gesehen hat
und rekonstruiert die Farbenlehre.
Für ihn ist es eben eine Geisteswissenschaft, die zur Kunst gehört
und in der Goethe eine Symbolsprache der Natur,
eine Natursprache entwickelt.
Und das ist der eigentliche Grund, warum die Farbenlehre für uns noch interessant ist.
Es ist keine, das fasse ich jetzt wieder zusammen,
keine überholt naturwissenschaftliche These,
sondern es ist eine
Ein grundlegender Versuch, die Natur in allen ihren Aspekten über die Natur nachzudenken, sie zu untersuchen, zu beschreiben, als Geisteswissenschaft.
Musik
Untertitelung des ZDF, 2020
Bei mir entsteht gerade so ein bisschen der Eindruck,
den Teil
der harten Physik,
der von ganz vielen
wirklich abgelehnt wurde, weil er sagt,
da hat er falsch gelegen und Newton hat er recht.
Den kann man
so beurteilen, weil es eben
harte Physik ist, die nach bestimmten Regeln
funktioniert und wenn man
da bestimmte Tests nicht besteht,
dann kann man irgendwann sagen, okay,
die These war irgendwie falsch.
Wenn es um diese anderen Aspekte geht, die Farbpsychologie, die Farbphysiologie,
Während
wobei die Farbphysiologie ja auch eigentlich eine harte Naturwissenschaft ist.
Aber sobald es dann auch in diese Psychologie geht, die Wirkung von Farben,
dann wird es dann sehr subjektiv, dass es da keine...
so harte Ablehnung
gegeben hat, kann darin liegen, dass er
Recht gehabt hat? Oder liegt
es vielleicht einfach auch daran, dass
dieser ganze Bereich
insgesamt
nicht so hart zu
beurteilen ist wie eine Physik?
Also weil es halt eben,
wir kommen in die Geisteswissenschaft, wo es
viele Interpretationsmöglichkeiten gibt, wo es oft kein falsch und richtig in diesem harten Sinne gibt.
Also hat es vielleicht einfach nur damit zu tun, dass in dem Bereich solche Urteile vielleicht gar nicht so möglich sind.
Ja, ich würde es nicht so streng formulieren. Ich würde sagen, dass man schon zu Objektiven, wenn es überhaupt objektive Aussagen gibt, dass man auch da kommen kann, gerade in der Physiologie, glaube ich, ist das unbestritten. Goethe steht da am Beginn, also die moderne Physiologie gibt es zu Goethes Zeiten noch nicht, die entsteht gerade.
Und die feiert ihre Triumph im 19. Jahrhundert, im Fortschreiten des 19. Jahrhunderts. Und die Methodiken des 20. Jahrhunderts sind nochmal viel ausgefeilter. Und ähnliches ja in der Psychologie. Es entstehen ja gerade die ersten Lehrstühle für Psychiatrie, der Begriff des Unbewussten.
Das gibt es bei Schelling und dann bei Richard Wagner. Das ist auch etwas, was erst entsteht oder was gerade dabei ist. Und Goethe steht da am Anfang. Insofern, auch wenn er sich da jetzt groß verrannt oder geirrt hätte oder sonst etwas, ist es ja trotzdem eine Pionierleistung auf dem Gebiet.
Ich glaube, dass du mit dem Eindruck recht hast, wenn du sagst, wir trennen das mal in den harten physikalischen und in den weniger harten physiologisch-psychologischen Teil recht hast, in dem Sinn, dass du da wahrscheinlich die Mehrheitsmeinung in den Wissenschaften,
für dich hast.
Es gibt Leute, die der Meinung sind, Goethe hat auch in physikalischen Teil
Recht entstehen, gibt es Versuchsreihen, Bücher und so weiter.
Die haben sich aber in der Physik der Universitäten und der Wissenschaften
nicht, können sich da nicht durchsetzen, nicht behaupten.
Aber es gibt sie, will ich jetzt auch nicht verschweigen.
Vielleicht ist der Streit oder die Diskussion ja auch ein Ausdruck der Unabschließbarkeit der naturwissenschaftlichen Physik, wo es immer noch Phänomene gibt, die verschieden gedeutet werden können, die nur schlecht gedeutet werden können.
Oder eben verschieden, wie auch immer.
Das gab es ja bereits zu Goethes Lebzeiten.
Da wurden zum Beispiel polarisiertes Licht entdeckt, was Goethes sehr fasziniert hat.
Es war nachgefunden.
der Publikation der Farbenlehre und Goethe hat in den Nachträgen zur Farbenlehre auch darüber geschrieben
und auch lange dazu geforscht und experimentiert.
Vielleicht gibt es solche Phänomene, vielleicht kann man Phänomene ja verschieden deuten.
Juden deutet ja, oder sagen wir so, wir gehen ja von der These aus, dass es
eine Physik gibt und
da gibt es Behauptungen und diese Behauptungen
kann ich falsifizieren
oder verifizieren, falsifizieren
durch ein entscheidendes Experiment,
dass das eben widerlegt.
Die Frage ist halt, welches Experiment ist entscheidend?
Wenn ich jetzt
Das Experimentum Grotis bei Newton nehme, das ist das Prisma-Experiment in der abgedunkelten Kammer,
die dann mir aus weißem Licht die Spektalfarben bietet.
Und die Spektalfarben kann ich nicht weiter aufteilen, wenn es wirkliche Spektalfarben sind.
Also ich kann das rote Licht oder das grüne Licht nicht mehr dann noch einmal regenbogenartig teilen,
sondern es bleibt dann grün und rot.
Das wäre das Newton'sche Entscheidende-Experiment.
Bei Goethe ist es ein anderes Experiment, nämlich das Aufscheinen von Kantenspektren durch das Prisma.
Also Farben entstehen an Grenzen.
Und das Licht erleidet sozusagen, oder macht eine Verwandlung durch, erleidet eben diese...
und verändert damit dann seine Natur und das Weiß wird dann gelb oder blau abgeschwächt.
Je nachdem.
Ja, wenn ich das als zentrales Experiment ansehe,
dann habe ich vielleicht andere Experimente, die das widerlegen können oder nicht.
Und ein großer Unterschied, glaube ich, ist bei Goethe der, dass es die
bei Goethe viel mehr Experimente gibt in ständigen Variationen als bei Newton,
die die Phänomene des Lichts immer nahe am Phänomen untersuchen wollen
und irgendwo aufhören, irgendwo enden, das nennt er dann das Urphänomen,
dahinter kann ich nicht mehr zurückgehen.
Und es ist ja nicht so, dass Goethe nicht experimentiert hätte
oder nicht die Mathematik bezogen hätte, sondern im Gegenteil,
Die Experimente sind viel mehr, viel zahlreicher, viel abgewandelter, weil Goethe wenig dem abstrakten Denken vertraut hat und mehr der Anschauung und dem Zuhören auf die Natur.
In dem Punkt haben die Leute, die sagen...
Die Physik, die moderne Naturwissenschaft, die unverständlich, abstrakt, unanschaulich ist. Was soll das sein? Eine Katze, die gleichzeitig tot und lebendig ist. Ein Licht, das gleichzeitig Welle und Teilchen ist.
Ich kann nicht gleichzeitig Geschwindigkeit und Ort bestimmen von einem diskreten Teilchen, aber es ist eben nicht mehr diskret.
Was heißt denn Psi-Funktion? Um Gottes Willen, es geht uns endlich, die Wirkungen gehen ins Unendliche.
Das ist alles Unanschauliche und damit hat man Schwierigkeiten und Änderungen.
Und Goethe hat sozusagen, das ist die These, schon das vorweggenommen, indem er versucht hat, immer in der Welt des Anschaulichen zu bleiben und das andere eben zu begrenzen, für den Menschen natürlich immer nur.
Den Beobachter mit einzubeziehen, das ist auch ein wichtiger Punkt. Haben wir heute ja schon öfters jetzt gehabt.
Okay.
Ja.
Jetzt schwirrt man der Kopf.
Ja.
Ja.
Das war vielleicht ein bisschen zu viel zum Abschluss,
aber ich wollte das nochmal...
Wir sind ein Hardcore-Podcast,
nur für die wirklich Harden Nerds.
Die letzten sind noch da,
die ich nicht gehört habe.
Wir wollen das Thema...
jetzt für diese Folge hier beschließen. Wir überlegen, ob wir noch ein, zwei Leute vielleicht mal mit ins Boot holen, die sich auch zu diesem Thema geäußert haben. Mal sehen.
Soweit erstmal. Das heißt also, es könnte nochmal ein oder zwei Folgen zu dieser großen Farbenlehre geben.
Lasst euch überraschen, alle die, die jetzt zuhören.
Und wir schließen damit diese Folge für heute.
Bis dann.
Das war die 11. Folge über Goethe und seine Naturwissenschaft mit Thomas Schmuck und Marcus Anhäuser.
Die Infos zur Folge findet ihr wie immer in den Infos zur Folge.
Wir hoffen, ihr seid auch nächstes Mal wieder mit dabei.
Vielleicht nochmal mit einem anderen Blick auf Goethes Farbenlehre.
Vielleicht aber auch mit was ganz anderem.
Empfehlt uns gerne weiter.
Wir freuen uns über eure Bewertungen bei Apple Podcasts, Spotify oder wo ihr sonst noch Podcasts hört.
Das war's für heute. Macht's gut und bis zum nächsten Mal.
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